Mittwoch, 3. August 2016

Da stehe ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!

Den folgenden Bericht von der Info-Veranstaltung haben wir von einem Teilnehmer bekommen.
Die Stimmung auf der Veranstaltung war sehr unsachlich und aggressiv. Der Bericht spiegelt das emotional auch wieder.


Bericht über die vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg initiierte Info-Veranstaltung betreffend das Bauprojekt Blücherstraße 26, 26a am 19. Juli 2016:

Mitten in der letzten Woche vor den Berliner Schulferien am Dienstag dem 19.Juli fand die nun – nach Aussage von Herrn Fleischmann, Geschäftsführer von Jugendwohnen im Kiez e.V. - wohl letzte als Bürgerbeteiligung bezeichnete Informationsveranstaltung im Saal der Bezirksverordnetenversammlung des Rathauses Kreuzberg statt. Die Veranstaltung litt unter ihrer schlechten Akustik. Trotz Bitten von Anwesenden wurde der Einsatz der im Saal permanent installierten Mikrophone verweigert. Über den zu Informierenden thronte auf den Präsidiumssitzen der Baustadtrat Herr Panhoff und die Herren Geschäftsführer Fleischmann und Schirmer für die Investoren Jugendwohnen im Kiez e.V. und Vita e.V. Außerdem ein Herr Zimmermann als sogenannter Moderator dieser Veranstaltung.

Gleich zu Anfang fiel auf, dass über den ganzen Saal Unterstützer des Bauprojektes verteilt waren, offensichtlich Beschäftigte der Investoren, die während der ganzen Veranstaltung ihre Claqueur-Aufgabe mit Eifer ausübten. Zudem hatte man vorbereitend, schon vor Beginn der Veranstaltung die Besucher mit bösen Blicken musternde, sich als obdachlos Bezeichnende eingeladen. Diese unterbrachen zur Erheiterung des Podiums und der beruflich Teilnehmenden die Sachfragen der zu informierenden Bürger mit unqualifizierten gezielt störenden Zwischenrufen um die Fragensteller zu diffamieren. Dies gipfelte im Auftritt einer solchen angeblich Obdachlosen, die Herr Fleischmann zuvor namentlich angesprochen hatte. Diese geiferte in Richtung der durch ihre Fragen ausgemachten Teilnehmer von der Kiezinitiative, dass auch sie ein Recht habe in der Blücherstraße zu wohnen und nicht nur die aus ihrer Sicht „Fettärsche“, außerdem sei sie Deutsche und die Blücherstraße nicht nur Ausländern vorbehalten. Es erstaunte schon, dass weder die sich ansonsten so wortsensibel gebenden anwesenden grünen Kommunalpolitiker, der grüne Baustadtrat, noch der als Moderator fungierende Herr Zimmermann eingriff. Im Gegenteil man amüsierte sich über diesen nicht nur fremdenfeindlichen Angriff zusammen mit den berufmäßigen Claqueuren. Schließlich richtete sich dieser hasserfüllte Auftritt gegen die längst lästig gewordenen Fragesteller.

Der sachliche Informationsgehalt der Info-Veranstaltung hielt sich in äußerst engen Grenzen. Es wurde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass man sich mit der rechtlichen Zulässigkeit des Bauprojektes nicht mehr beschäftigen wolle. Bei der von den Investoren vorbereiteten Power-Point-Präsentation entsprach schon die einleitende Luftbildaufnahme ohne dass längst errichtete Eckgebäude Schleiermacherstraße/Blücherstraße nicht dem wirklich vorzufindenden Bauzustand. Erst auf Unmut aus dem nicht berufsmäßig anwesenden Publikum erklärte sich Baustadtrat Panhoff bereit, einen von ihm willkürlich ausgewählten Teil der auf Bitten der Veranstalter vorab eingereichten Fragen der Kiezerhalt-Initiative zu beantworten. Ermachte dabei unmissverständlich deutlich, dass selbst die Bezirksverordnetenversammlung keine Kontrollfunktion über die Verwaltung habe und dass der Bezirk das Bauvorhaben massiv unterstütze. Weitere Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger in Form eines Runden Tisches oder einer Werkstatt lehne er ab, weil die Initiative keine Alternativplanungen eingereicht habe. Als erstes soll für und von der Jugendwohnen im Kiez e.V. ein vierstöckiges Haus mit u.a. Kindergarten (im Gesamtplan Haus Nr.2) und danach für Vita e.V. das über Eck verbundene sechsstöckige Haus Nr. 4 und 5 gebaut werden. Über letzteres konnte keine detaillierten Angaben gemacht werden, obwohl für beide Gebäude noch in diesem Sommer Bauanträge gestellt werden sollen. Wann die weiteren Bauten Nr. 1 und Nr. 3 des Gesamtplanes errichtet werden und in welcher Form, z.B. mit wieviel Stockwerken, konnte nicht beantwortet werden. Zur Finanzierung des Projektes konnte nur zum ersten Bauvorhaben etwas gesagt werden. Herr Fleischmann bedankte sich dafür, dass das gesamte Gelände zu einem sehr günstigen Preis ohne bezirkliche Auflagen übereignet worden sei. Das Kindergartenhaus sei mit Fördermitteln zu finanzieren. 

Die bestehenden mit übereigneten von vielen Parteien bewohnten Gebäude werden trotz ihres hanebüchenen Bauzustandes nicht renoviert und nur notwendigste Reperaturen vorgenommen. Hinsichtlich der geplanten völlig unterschiedlichen Nutzungen der bestehenden und zu errichtenden Gebäude berief sich Herr Fleischmann auf die langjährigen diesbezüglichen Erfahrungen seines Vereines und gab zum Ausdruck, dass er diese Kompetenz oder finanzielle Potenz seines Vereines in Zweifel ziehende Stimmen als unverschämte Angriffe empfinde.

Mit Goethes Faust lässt sich das Resümee dieser Info-Veranstaltung ziehen: „Da stehe ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“

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